Früher hieß es von den ganz Schlauen, “da hat jemand die Weisheit mit dem Löffel gefressen”. Heute leben wir in einer Expertokratie – den Spezialisten glauben wir zuerst alles, um sie hernach in der Luft zu zerreißen…
So ging es Lothar Wieler, Prof. Dr., Veterinärmediziner und Leiter des Robert Koch Instituts in Berlin, der sich Anfang März 2020 mit einer eher optimistischen Aussage zum Verlauf der COVID-19 Pandemie aus dem sprichwörtlichen Fenster lehnte … und aus heutiger Sicht offenbar irrte. Aber: hat das in der zweiten Märzwoche jemand besser gewusst? Gewusst – nicht vermutet oder spekuliert?Natürlich gab es auch damals schon Meinungen bis hin zum bevorstehenden Weltuntergang … von Meinungsmachern halt. Und (zitiert bei unklarer Quellenlage): “Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie sich auf die Zukunft beziehen”. Wie wahr.
Meines Erachtens sollten wir Prognosen nicht (nur) danach beurteilen, ob sie auch tatsächlich eintreffen. Vielmehr, ob sie zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wissenschaftlich begründet und haltbar sind. Da kann es dann auch mehrere, widersprüchliche Prognosen geben, die alle einem wissenschaftlichen Anspruch gerecht werden
Es hilft, zu schauen, ob der Experte in der Vergangenheit prinzipiell glaubwürdig war und ob er nicht möglicherweise interessengeleitet argumentiert. Es ist sicherlich weder verkehrt noch respektlos, mit Cicero zu fragen “cui bono?”, wem nützt es?
Mehrere Quellen zu nutzen schadet auch nicht sowie – surprise – den eigenen Verstand einzuschalten und nach einer inhärenten Unlogik in den Aussagen zu suchen. Bei positiver Bewertung traue ich mich dann, den Experten tatsächlich zu glauben – bis zum Beweis oder des Gegenteils.
Confidence, Vertrauen, Optimismus, bei dem das Glas halb voll ist, sowie eine gewisse Gelassenheit sind dann angesagt. Leicht werden sonst unbegründet negative Spekulationen – Untergangsszenarien – zur self-fulfilling prophecy. Dann kann der Schlechtmacher am Ende schadenfroh sagen “ich hab’s ja gleich gewusst.”
… Bullshit erkennen und sich dann Vertrauen zutrauen, meint Ihr Peter Klesse (29. März 2020) Bild von shutterstock